Auch die Tiere haben Rechte

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Auch die Tiere haben Rechte

Tierliche Interessen sollen gleich berücksichtigt werden wie vergleichbare menschliche Interessen

Veröffentlicht u. a. in der Mittelbayerischen am 27. März 2017

Helmut F. Kaplan

Früher war öfter von Tierrechten die Rede, da ging es dann etwa um Demonstrationen gegen Zoos und Schlachthöfe. Heute hört und liest man eher von artgerechter Tierhaltung und diversen Gütesiegeln zur Hebung des „Tierwohls“. Eine hilfreiche Orientierung bietet hier die Unterscheidung zwischen Tierschutz und Tierrecht: Während Tierschützer die Nutzung von Tieren für menschliche Zwecke, etwa zur Unterhaltung und Ernährung, für prinzipiell legitim erachten, aber für eine möglichst schonende Nutzung plädieren, lehnen Tierrechtler die Nutzung von Tieren für menschliche Zwecke prinzipiell ab und plädieren daher etwa für die Schließung von Zoos und Schlachthöfen sowie für eine vegane Ernährung.

Tierrechte werden häufig mit den Tierschutzgesetzen verwechselt. Aber „Tierrechte“ ist, wie „Menschenrechte“, ein philosophischer Begriff, der für eine bestimmte Weltanschauung und das entsprechende politische Engagement steht. Im Folgenden soll, basierend auf dem vom Philosophen Peter Singer vorgeschlagenen Gleichheitsprinzip, dargelegt werden, was unter Tierrechten sinnvollerweise verstanden werden kann:

Niemand behauptet ernsthaft, daß Menschen und Tiere in einem faktischen Sinne gleich wären. Menschen und Tiere haben – wie die Menschen untereinander – unterschiedliche Interessen. Deshalb wäre es auch verfehlt, Menschen und Tiere gleich zu behandeln – weil unterschiedliche Interessen eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen und erfordern. So brauchen etwa Hunde und Katzen keine Religionsfreiheit und kein Wahlrecht.

Was das Gleichheitsprinzip fordert, ist schlicht: Wo Menschen und Tiere gleiche bzw. ähnliche Interessen haben, da sollen diese gleichen bzw. ähnlichen Interessen auch gleich berücksichtigt werden: Weil alle Menschen ein Interesse an angemessener Nahrung und Unterkunft haben, sollen wir dieses Interesse bei allen Menschen gleich berücksichtigen und keine willkürlichen Diskriminierungen aufgrund von Rasse oder Geschlecht vornehmen. Und weil Menschen und Tiere ein großes Interesse haben, nicht zu leiden, sollen wir dieses Interesse bei Menschen und Tieren gleich berücksichtigen und keine willkürlichen Diskriminierungen aufgrund der Spezies vornehmen.

Gleiche bzw. ähnliche Interessen von Menschen und Tieren sollen also gleich berücksichtigt werden. Anders formuliert: Tiere haben das Recht, daß ihre Interessen gleich berücksichtigt werden wie vergleichbare menschliche Interessen. Damit haben wir auch schon eine plausible und praktikable Charakterisierung von Tierrechten: Tierliche Interessen sollen gleich berücksichtigt werden wie vergleichbare menschliche Interessen.

Der Einwand, daß wir zuwenig über das tierliche Erleben wüßten, geht ins Leere: Viele Tierversuche beruhen gerade auf der Vergleichbarkeit von tierlichem und menschlichem Erleben, weil ihr Zweck darin besteht, anhand des tierlichen Erlebens Methoden oder Medikamente für Menschen zu entwickeln, die etwa bei Ängsten oder Schmerzen optimal helfen. Außerdem ist die Erkennbarkeit tierlichen Erlebens auch unabhängig von Tierversuchen längst wissenschaftlich erwiesen – und notwendige Voraussetzung aller aktuellen Bestrebungen zur Hebung des „Tierwohls“!