Tierbefreiungen: Eine historische Perspektive
Helmut F. Kaplan
In der Anfangszeit der Tierrechtsbewegung, in den siebziger und achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, waren „Tierbefreiungen“ an der Tagesordnung: Tiere wurden von Aktivisten aus Ställen, Versuchslabors usw. befreit, um ihnen gegenwärtige und künftige Qualen zu ersparen. Im Fersehen wurde damals regelmäßig über solche Aktionen berichtet. In den letzten Jahren war wieder öfter von Tierbefreiungen die Rede, häufig im Zusammenhang mit geheimen Filmaufnahmen über Mißstände, die an die Öffentlichkeit gespielt wurden. Im folgenden soll auf eine Perspektive verwiesen werden, aus der solche Aktionen gesehen werden können. Ich zitiere aus meinem Beitrag „Tierbefreiungen – Kriminelle Akte oder konsequente Ethik?“ im Sammelband „Tierrechte – Eine interdisziplinäre Herausforderung“ (Erlangen: Harald Fischer Verlag, 2007, S. 152 ):
„In bezug auf Tiere befinden wir uns heute in einer historischen Umbruchphase. Und diese manifestiert sich unter anderem in der Frage: Sind Tierbefreiungen moralisch legitim? Unsere aktuelle Situation in bezug auf Tiere ist vergleichbar mit jener historischen Situation, als immer mehr Menschen erkannten, daß die Sklaverei moralisch nicht mehr zu halten war. Solche Umbruchphasen sind durch zweierlei gekennzeichnet: gesellschaftliche Gespaltenheit und rechtliche Unsicherheit. Warum? Weil vorhandene gesetzliche Bestimmungen neuen moralischen Vorstellungen und Forderungen hinterherhinken. Ein historisches Beispiel:
Im Jahr 1839 segelte vor der kubanischen Küste das Sklavenschiff ‚La Amistad‘, weil die Sklaven an Bord auf Kuba noch etwas ‚aufgepäppelt‘ werden sollten, bevor sie in die USA verkauft werden sollten. Da erlaubte sich der Schiffskoch einen üblen Scherz, indem er den Sklaven eröffnete: ‚Jetzt werden wir euch alle schlachten.‘ Dies führte zu einem Aufstand der Sklaven, in dessen Verlauf diese die Besatzung und den Kapitän töteten. Die beiden Schiffseigner, die ebenfalls an Bord waren, wurden als Geiseln genommen und gezwungen, das Schiff nach Afrika zu führen. Sie tricksten die Sklaven aber aus und brachten statt dessen das Schiff nordwärts in einen US-Hafen. Dort wurden die Sklaven des Mordes angeklagt und den Rädelsführern drohte die Todesstrafe.“
Gegner der Sklaverei, darunter der Ex-Präsident John Quincy Adams, erreichten aber, daß die Sklaven, die sich gewaltsam ihrer Peiniger entledigt hatten, nicht verurteilt, sondern freigesprochen wurden. Vor diesem historischen Hintergrund können auch „gewaltsame Tierbefreiungen“ gesehen werden.
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Zur Person: https://tierrechte-kaplan.de/biografie/