Wir brauchen keine neue Moral

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Wir brauchen keine neue Moral

Helmut F. Kaplan

Fortschritt

Wir haben erkannt, daß andere Stämme, andere Nationen, andere Rassen und das andere Geschlecht in unsere moralische Sphäre aufgenommen werden müssen. Wir haben eingesehen, daß Rassismus und Sexismus moralisch willkürliche Diskriminierungen sind, weil Rasse und Geschlecht moralisch unwesentliche Merkmale sind.

Der nächste konsequente Schritt besteht darin zu erkennen, daß nicht nur die Rassen- und Geschlechtszugehörigkeit moralisch bedeutungslos sind, sondern auch die Artzugehörigkeit: „Die Frage ist nicht: können sie DENKEN? oder: können sie SPRECHEN?, sondern: können sie LEIDEN?“ bemerkte der englische Philosoph Jeremy Bentham bereits vor über 200 Jahren in bezug auf fühlende Lebewesen.

Die Diskriminierung aufgrund der Art oder Spezies, der SPEZIESISMUS, ist ebenso willkürlich, falsch und unhaltbar wie die Diskriminierung aufgrund von Rasse und Geschlecht. Rasse, Geschlecht und Spezies sind gleichermaßen untaugliche moralische Kriterien.

Der Rassist sagt: „Weil du eine schwarze Haut hast, darf ich dich als Sklaven halten.“ Der Sexist sagt: „Weil du eine Frau bist, darfst du nicht zur Wahl gehen.“ Und der Speziesist sagt: „Weil du ein Tier bist, kann ich dich lebenslang in Zoos sperren, mit dir grausame Experimente durchführen und dich umbringen und aufessen.“ Rassismus, Sexismus und Speziesismus befinden sich logisch und ethisch auf der gleichen Ebene. Sie sind Verstöße gegen das grundlegende moralische Gleichheitsprinzip.

Gleichheit

Dabei behauptet natürlich kein vernünftiger Mensch, daß Menschen und Tiere in einem faktischen Sinne gleich wären. Natürlich sind Menschen und Tiere verschieden – so wie auch die Menschen untereinander verschieden sind. Menschen und Tiere haben, wie die Menschen untereinander, unterschiedliche Interessen.

Deshalb verlangt auch niemand ernsthaft, daß Menschen und Tiere gleich behandelt werden sollten. Unterschiedliche Interessen erfordern und rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung. Tiere brauchen zum Beispiel im Unterschied zu Menschen keine Religionsfreiheit, weil sie keine Religion haben – so wie Männer im Unterschied zu Frauen keinen Schwangerschaftsurlaub brauchen, weil sie nicht schwanger werden können.

Was das moralische Gleichheitsprinzip fordert, ist schlicht dies: WO Menschen und Tiere ähnliche Interessen haben, DA sollen diese ähnlichen Interessen auch gleich berücksichtigt, moralisch gleich ernstgenommen werden:

Weil alle Menschen ein Interesse an angemessener Nahrung und Unterkunft haben, sollen wir dieses Interesse auch bei allen Menschen gleich berücksichtigen – und dürfen nicht willkürliche Diskriminierungen aufgrund der Rassen- oder der Geschlechtszugehörigkeit vornehmen. Und weil sowohl Menschen als auch Tiere leidensfähig sind, sollen wir das Interesse, nicht zu leiden, bei Menschen und Tieren gleich berücksichtigen – und dürfen nicht willkürliche Diskriminierungen aufgrund der Artzugehörigkeit vornehmen.

Konsequenz

Wir brauchen für den Umgang mit Tieren keine neue Moral. Wir müssen lediglich aufhören, Tiere willkürlich aus der vorhandenen Moral auszuschließen. Dies wird gewiß ein schwieriger und langwieriger Prozeß werden. Aber das war bei der Befreiung der Sklaven und bei der Emanzipation der Frauen nicht anders. In den USA wurde die Sklaverei erst 1865 abgeschafft. In der Schweiz wurde das Frauenwahlrecht auf Bundesebene erst 1971 eingeführt. Die Befreiung der Tiere hat eben erst begonnen, aber die Tendenz in der Moralentwicklung ist unumkehrbar. Und wäre sie es nicht – wir hätten allen Grund, uns dagegen zu wehren!

Wer meine Tierrechtsarbeit unterstützen will: https://www.paypal.me/helmutkaplan

Zur Person: https://tierrechte-kaplan.de/biografie/