Christliche Gründe, gut zu Tieren zu sein
Helmut F. Kaplan
Neben den christlichen Dogmen, die immer wieder dazu mißbraucht werden, unsere Ausbeutung von Tieren zu rechtfertigen – Gottesebenbildlichkeit und unsterbliche Seele des Menschen usw. -, gibt es auch Gesichtspunkte der christlichen Lehre, die eindeutig GEGEN Tierausbeutung sprechen. Auf diese sollte viel öfter verwiesen werden, etwa auf das Gebot der Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Denn es ist offenkundig weder barmherzig noch gerecht, Tiere so zu behandeln, wie wir sie behandeln.
Ein weiterer Aspekt, der konsequenterweise zu einem liebevollen Umgang mit Tieren führen müßte, ist, daß auch Tiere Geschöpfe Gottes sind. Darf man Geschöpfe Gottes so behandlen? Der wichtigste Punkt ist aber vielleicht der folgende: Im Paradies lebten Menschen und Tiere friedlich miteinander, da gab es kein Fressen und Gefressenwerden. Und dieser paradiesische Zustand, die Zeit vor dem Sündenfall, beinhaltet ja wohl eine moralische Vorgabe: So sollte es sein.
Zwar können wir heute nicht verhindern, daß sich Tiere gegenseitig fressen. Was wir aber sehr wohl verhindern könnten, ist, daß wir Tiere essen! INSOFERN steht dem Christen die Wiederherstellung paradiesischer Zustände offen!
Und warum ausgerechnet gegenüber Tieren uns darauf hinausreden, daß wir halt leider aus dem Paradies vertrieben worden seien und paradiesische Zustände daher nicht mehr möglich seien – während wir gegenüber Menschen ganz pragmatisch versuchen, uns dem Ideal soweit wie möglich anzunähern? Kein Mensch käme auf die Idee, den verpflichtenden Charakter der Zehn Gebote dadurch auszuhebeln, daß er sagt: Weil es unmöglich ist, sie ganz einzuhalten, brauchen wir uns erst überhaupt nicht um ihre Einhaltung zu bemühen!
Nein, wir sagen: Wenn diese Regeln auch niemand hundertprozentig einhalten kann, so sollten wir uns dennoch an ihnen orientieren und uns bemühen, sie soweit wie möglich einzuhalten. Je mehr, desto besser! Genau das gleiche gilt für den Umgang mit Tieren! Die Unmöglichkeit, das Paradies wiederzuerrichten, entbindet nicht von der Pflicht, das Böse zu bekämpfen und das Gute soweit wie möglich zu verwirklichen.
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