Der Mensch kam nicht als Mensch auf die Welt
Helmut F. Kaplan
Der heutige Mensch kam als Art nicht als Mensch, sondern als Unmensch auf die Welt – wenigstens aus heutiger Sicht: Als wir vor einigen zig Jahrtausenden die Erde betraten, waren wir „privat“, „gesellschaftlich“ und „politisch“ ein Ausbund von Unzivilisiertheit: Wir hatten schreckliche Manieren, verhielten uns extrem unsozial und waren alles andere als überzeugte Demokraten.
Inzwischen hat sich einiges geändert, wenigstens bei vielen und zumindest an der Oberfläche: Heute essen wir nicht mehr „wie die Schweine“, akzeptieren Verantwortung auch für andere und orientieren uns wenigstens nicht mehr ausschließlich am „Recht des Stärkeren“.
Natürlich ist diese Zivilisationsschicht an manchen Stellen dünn und hält nicht immmer archaischen Impulsen stand – zum Beispiel im Kriegsfall. Aber gewisse zivilisatorische Normen gelten wenigstens im Normalfall, im Nichtkriegsfall.
Die einzigen, gegen die wir auch in Friedenszeiten hemmungslos Krieg führen, sind die Tiere. Wir sperren sie lebenslang ein, wir machen mit ihnen grausame Experimente und wir bringen sie für banalste Zwecke oder überhaupt „zum Spaß“ um. Unser Umgang mit Tieren ragt wie eine steinzeitliche Insel in unser modernes Leben. Diesen letzten weißen Fleck auf der Landkarte der Zivilisiertheit gilt es endlich zu erschließen.