Menschlicher Fundamentalismus und universelle Tierrechte
Helmut F. Kaplan
Immer wieder erleben wir, welch verheerende Folgen Fundamentalismus haben kann und wie wichtig es ist, sich gegen ihn zur Wehr zu setzen. Was wir aber nicht sehen, ist, daß Tiere in unserem Kulturkreis seit Jahrtausenden Opfer eines ebensolchen Fundamentalismus sind: Opfer der aberwitzigen Dogmen vom fundamentalen Unterschied zwischen Menschen und Tieren: exklusive „Vernunftbegabtheit“ des Menschen, exklusive „unsterbliche Seele“ des Menschen, exklusive „Ebenbildlichkeit“ des Menschen mit Gott.
Wir sind zu Recht entsetzt, wenn Fundamentalismus tödliche Folgen hat. Genau dies ist aber auch beim menschlichen Fundamentalismus gegenüber Tieren der Fall. Aufgrund der objektiv falschen Behauptung, Menschen seien etwas völlig anderes als Tiere, werden Tiere am laufenden Band gefoltert, getötet und gegessen. Wir hätten also jeden Grund, vor der eigenen fundamentalistischen Haustüre zu kehren und unsere Wahrnehmung und Behandlung von Tieren endlich auf eine realistische und moralische Ebene zu stellen:
Wir sollten endlich zur Kenntnis nehmen, daß Menschen und Tiere das Ergebnis EINER Evolution sind, daß uns Tiere in vielerlei Hinsicht ähneln und in bezug auf das moralisch entscheidende Merkmal Leidensfähigkeit gleichen. Und aus diesen Fakten sollten wir endlich die ethischen Konsequenzen ziehen und Tiere so behandeln, wie es diesen Fakten entspricht.
Aber das wollen die meisten Menschen nicht. Sie bleiben lieber irrationale Fundamentalisten. Ewig wird das aber hoffentlich nicht funktionieren. Denn unsere Kultur ist mit dem Rationalitätsbazillus infiziert, der langfristig eine positive ethische und rechtliche Dynamik in Richtung universeller Tierrechte in Gang setzen könnte.