Politik, Religion und Tierrechte
Helmut F. Kaplan
Immer wieder fällt mir auf, daß die tierfeindlichsten Politiker, also etwa Jäger, gleichzeitig jene sind, die bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit Gott im Munde führen. So hatte sich beispielsweise die frühere österreichische Gesundheitsministerin Rauch-Kallat, die Fasanjagden organisiert, öffentlich bei Gott für einen guten Wahlausgang bedankt. Diesen mittelalterlichen Unfug der Verquickung von Politik und Religion möchte ich zum Anlaß für eine grundsätzliche Überlegung nehmen:
Die Tierrechtsbewegung muß sich quasi strikt laizistisch organisieren: Sie muß unterscheiden zwischen ihrer „weltlichen“ Zielsetzung, also der Durchsetzung von Tierrechten, und der religiös-ideologischen Ausrichtung ihrer Akteure. Tierrechtler müssen alles sein können – christlich oder jüdisch, „links“ oder „liberal“ usw. –, aber im Hinblick auf ihre politischen Aktivitäten müssen Tierrechte immer Vorrang haben.
Es geht also etwa nicht an zu sagen: Gegen das Schächten protestieren wir nur leise, weil die Moslems ohnehin schon diskriminiert werden. Und: Andersdenkende und -gläubige dürfen nicht WEGEN ihrer anderen Position quasi tierrechtlerisch exkommuniziert werden. Urteile wie „Weil du kein Kapitalismuskritiker bist, kannst du kein richtiger Tierrechtler sein“ sind völlig verfehlt.
Von dieser Ebene muß aber noch einmal unterschieden werden die Frage nach den URSACHEN der Tierausbeutung. Diese Frage muß nachdrücklich gestellt werden. Und diese Frage muß unvoreingenommen gestellt werden – also auch unabhängig von der eigenen religiös-ideologischen Ausrichtung.
Und wenn man diese Frage nachdrücklich und unvoreingenommen stellt, kommt man unweigerlich zum Ergebnis, daß die mit Abstand wichtigste Einzelursache für das anthropozentrisch-speziesistische Weltbild das Christentum ist. Die christlichen Dogmen (etwa, daß der Mensch Ebenbild Gottes sei und die Tiere FÜR ihn geschaffen worden seien) sitzen am tiefsten und schaden am meisten.
Deshalb muß es das Anliegen ALLER Tierrechtler sein, dieser wichtigsten Ursache für die Tierausbeutung effizient entgegenzutreten. Dies mag beim Christen (der vielleicht auf falsche Bibelauslegungen hinweist) anders aussehen als beim Atheisten (der vielleicht alle religiösen Tierrechts-Argumente ablehnt). Aber die Bekämpfung der wichtigsten Ursache für die Ausbeutung der Tiere muß für alle höchsten Stellenwert haben.