Tierrechte: Die Zukunft hängt auch von uns ab
Helmut F. Kaplan
Der amerikanische Präsident streichelt anläßlich des Thanksgiving Days publikumswirksam einen Truthahn. Dieses Tier wird ausnahmsweise nicht geschlachtet werden. Das Fernsehen und damit die ganze Nation ist dabei. Offenkundig denkt sich niemand etwas bei dieser an bizarrem Zynismus nicht mehr zu überbietenden Szene: Das ist so, wie wenn der Leiter eines Todeslagers einen Häftling öffentlich freundlich begrüßen würde, alle gerührt und gut gelaunt zusähen, wissend, daß alle anderen Häftlinge noch am gleichen Tag hingerichtet werden.
Ähnlich groteske und würdelose Szenen wiederholen sich weltweit Tag für Tag: Ein Staatsoberhaupt, das ein Tier als Gastgeschenk erhält, ein Landwirtschaftsminister, der lächelnd Schlachttiere streichelt, ein Bürgermeister, der fröhlich mit „seinem“ Wappentier posiert usw.
Angesichts solcher Ungeheuerlichkeiten muß man sich wohl mit dem Gedanken anfreunden, daß es auch eine andere Zukunft der Tierrechtsbewegung geben könnte als die, die wir uns erhoffen: anstatt daß sich die Tierrechtsidee schließlich wie ihre historischen Vorbilder, etwa die Befreiung der Sklaven oder die Emanzipation der Frauen, durchsetzt, könnte auch schlicht alles beim grauenhaften gegenwärtigen Zustand bleiben.
Aber weil wir die Zukunft nicht kennen und weil sie auch von uns abhängt, müssen wir alles tun, damit es nicht bei der grauenvollen Gegenwart bleibt!