Todesurteil Spezies

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Todesurteil Spezies

Helmut F. Kaplan

Tendenzielle Gleichsetzungen von Tiermord und Menschenmord sind ja erfreulicherweise keine allzu große Seltenheit mehr. Man denke etwa an Isaac Bashevis Singers berühmtes Diktum „Wo es um Tiere geht, wird jeder zum Nazi. Für die Tiere ist jeden Tag Treblinka.“

Freilich ist meist gleich jemand zur Stelle, um uns über einen wichtigen Unterschied zwischen dem Umbringen von Menschen und dem Umbringen von Tieren zu belehren. Großer Beliebtheit erfreut sich der Hinweis: Der Terminus „Mord“ beziehe sich doch ausschließlich auf das Töten von MENSCHEN.

Als ob der sprachliche Ausdruck eines Vorurteils („Mord“ nur bei Menschen) ein glaubwürdiger Beleg für die Richtigkeit eben dieses Vorurteils (das Töten von Menschen sei viel schlimmer als das Töten von Tieren) sein könnte! Worum es geht, ist selbstverständlich die Ähnlichkeit in der Sache und die daraus resultierende ähnliche Bewertung: „Der Tag wird kommen, an dem das Töten eines Tieres genauso als Verbrechen betrachtet werden wird wie das Töten eines Menschen.“ (Leonardo da Vinci)

Vergleiche aus Tätersicht sind eher selten – aber dafür umso überzeugender! So äußerte sich Staatsanwalt Muntkith al-Farun wie folgt über die Hinrichtung Saddam Husseins (Der Spiegel, 2, 2007): „Obwohl ich im Prozess Saddams Gegner war, habe ich mich bei der Hinrichtung korrekt verhalten. Es ist wie nach einer Jagd: Zuerst stellt man dem Tier nach, doch wenn man der Beute dann in die Augen blickt, empfindet man letztlich Mitleid.“

Das Eingeständnis dieser Parallele ist beeindruckend. Noch bedeutsamer ist freilich der Unterschied zwischen menschlichen Todeskandidaten und tierlichen Todeskandidaten: Erstere werden schwerster Verbrechen beschuldigt, während das „Verbrechen“ der Tiere einzig darin besteht, keine Menschen zu sein.

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