Wir sind doch alle Menschen!
Helmut F. Kaplan
Daß der korrupte Atomfan Franz Josef Strauß ein Jäger war, wird keinen Menschen überraschen. Daß aber auch der Friedensstifter und Freiheitskämpfer Nelson Mandela, der einem schon allein aufgrund seiner Biographie sympathisch sein muß, ein Jäger war, ist bemerkenswert – milde ausgedrückt. Eigentlich ist es unfaßbar. Wenigstens im ersten Augenblick.
Was folgt eigentlich daraus, daß sich ein Mensch, der sich große Verdienste um die Menschen erworben hat, sich in der Freizeit als Lustmörder von Tieren betätigt? Erste Möglichkeit:
Tiere sind unwichtig: Wenn ein Mensch, der sich in dieser Weise und in diesem Maße für seine Mitmenschen eingesetzt hat, zum Spaß Tiere tötet, dann, so könnte man argumentieren, zeigt dies, daß Tiere moralisch im Vergleich zum Menschen eben bedeutungslos sind, daß es kein Widerspruch ist, Menschen zu helfen und Tiere zu mißbrauchen. Zweite Möglichkeit:
Menschen sind dumm: Es ist schon erstaunlich, wenn jemand, der sein ganzes Leben gegen willkürliche Diskriminierung (von Schwarzen) aufgrund moralisch unwesentlicher Merkmale (Hautfarbe) gekämpft hat, nicht begreift, daß unser Verhalten gegenüber Tieren exakt nach dem gleichen Muster funktioniert, eben: willkürliche Diskriminierung (von Tieren) aufgrund moralisch unwesentlicher Merkmale (Artzugehörigkeit).
Freilich scheint es andererseits eine allgemeine menschliche Eigenschaft zu sein, daß neue Solidaritäten (hier: Schwarze und Weiße) nur unter Beibehaltung oder Wiederbelebung alter oder anderer Diskriminierungen (hier: von Tieren gegenüber Menschen) „verkraftet“ werden können: „Wir Schwarzen und Weißen sind doch alle Menschen und keine Tiere!“