Tierrechte: Winzige Wiedergutmachung
Helmut F. Kaplan
Es ist ein herrlicher Spätsommertag. Ich bin schwimmen und genieße das kühle Wasser, die warme Luft, die strahlende Sonne. Ich schaue in die Berge. Die grünen Wälder. Der blaue Himmel. Eine traumhaft schöne Welt.
Aber nur für uns Menschen! Wir haben die ganze Erde für uns zurechtgemacht, für uns „erschlossen“, für uns reserviert. Städte und Dörfer, Berge und Seen, Wüsten und Meere, Wälder und Wiesen – wir haben nichts ausgelassen. Uns gehört alles, den Tieren gehört nichts. Diese vollkommene Unterwerfung der Welt, dieser globale Überfall war ein Akt nicht überbietbarer und nicht wiederholbarer Barbarei. Mehr als alles kann man sich nicht nehmen, und alles kann man sich nur einmal nehmen.
Und mit welchem Recht haben wir den Tieren die ganze Welt weggenommen? Mit überhaupt keinem! Wir haben einfach alles an uns gerissen, weil wir alles an uns reißen konnten. Blanker Terror. Hemmungslose Gier. Grenzenloser Egoismus. Wir haben die ganze Erde zu unserem Eigentum und alle Tiere zu unseren Sklaven erklärt.
Wenn wir nun spät, halbherzig und in lächerlichem Umfang einigen Tieren einige Rechte zugestehen, so ist dies kein Anlaß, uns auf die Schulter zu klopfen. Wir schenken den Tieren nichts, wir geben ihnen lediglich einen winzigen Teil von dem zurück, was wir ihnen vorher weggenommen haben. Wir handeln wie jemand, der einen riesigen Lebensmittelmarkt ausgeraubt hat und dann dem Eigentümer großzügigerweise aus der Beute eine Tafel Schokolade „schenkt“.