Tierrechte, Klima und Gerechtigkeit
Helmut F. Kaplan
Was haben wir nicht alles ersonnen, um unser Bedürfnis nach Gerechtigkeit zu stillen: Himmel, Hölle, Karma usw. Vieles spricht nun aber dafür, daß es letztlich die Tiere sein werden, die uns zu Gerechtigkeit verhelfen – wenn auch auf andere Weise als wir wollten: Seit Jahrtausenden mißachten wir alle ethischen Argumente für einen ordentlichen Umgang mit Tieren. Diese Entwicklung hat nun ihren Höhepunkt erreicht, indem wir selbst die zwingendsten Argumente und Zusammenhänge, die die Tierethik mittlerweile vorgelegt hat, konsequent ignorieren:
Zwischen Tieren und Menschen gibt es – Stichwort: evolutionäre Kontinuität – große Ähnlichkeiten: Das Leben hat sich kontinuierlich entwickelt und die Merkmale der Lebewesen variieren daher kontinuierlich – weshalb auch die üblichen Alles-oder-nichts-Zuschreibungen der Art, nur Menschen hätten diese oder jene Fähigkeiten, in aller Regel völlig unsinnig sind. Und das über jeden Ideologie- oder Irrationalismusverdacht erhabene Gleichheitsprinzip fordert, Gleiches bzw. Ähnliches auch gleich bzw. ähnlich zu bewerten und zu behandeln.
Wie aber behandeln wir Tiere? So, wie wir Menschen nie und nimmer behandeln würden! Wenn es irgendwelche legitimen Gerechtigkeitsforderungen gibt, dann gehört diese mit Sicherheit dazu: Den Tieren so lange so spektakulär jene Behandlung zu verwehren, die ihnen so offenkundig zusteht, darf nicht folgenlos bleiben. Die drohende Klimakatastrophe könnte diese Folge sein – steht sie doch in direktem Zusammenhang mit unserem Mißbrauch von Tieren: Die Produktion von Fleisch und Milch trägt wesentlich zum Klimawandel bei, die Nutztiere erzeugen mehr Treibhausgase als der gesamte weltweite Verkehr.
So zweifelhaft es ist, daß wir an unserem Umgang mit Tieren etwas ändern werden, so sicher ist es, daß wir kein Recht haben werden, uns über die Folgen unseres Verhaltens zu beklagen: Eine weltweite Klimakatastrophe wäre die gerechte Strafe für jahrtausendelange Verbrechen an Tieren.