Tierrecht und Tierschutz
Helmut F. Kaplan
Viele Menschen – mich eingeschlossen – glaubten lange, daß die Tierschützer im Laufe der Jahrzehnte von den Tierrechtlern doch wenigstens ansatzweise gelernt hätten, daß die Vorstellung, wonach nur Tierarten schutzwürdig seien, während Einzeltiere bedenkenlos umgebracht werden könnten, zynisch und unmoralisch ist. Diese hoffnungsvolle Annahme war leider falsch.
So berichtete etwa der „Spiegel“ schon 2006 unter der Überschrift „Töten, um zu schützen“ von einem Artenschutzprojekt für den afrikanischen Löwen, das den Abschuß eben dieser Tiere vorsieht: „Der Plan … sieht unter anderem vor, Gelder aus kontrollierter Trophäenjagd gezielt zum Erhalt des Lebensraums von Panthera leo einzusetzen.“ Welch schauerliche Veranschaulichung der Perversion des traditionellen Tierschutzes!
Solche Projekte sind eben KEIN Schritt in die richtige Richtung! Vielmehr zementieren derartige Initiativen nur die alte, falsche Spezies-Voreingenommenheit, den alten, falschen Spezies-Egoismus: Tierschutz letztlich immer nur um des Menschen willen – um für uns und unsere Kinder eine möglichst vollständige, funktionierende, gesunde und schöne Umwelt zu erhalten. Tierschutz, der einzelne Tiere nicht schützt, ist ebenso absurd und unmoralisch wie Menschenschutz, der einzelne Menschen im Stich läßt.